Die nackteste aller Tatsachen zuerst: Bill Wyman wurde
vor allem deshalb ein Rolling Stone, weil er einen VOX AC-30 Verstärker besaß.
Man war arm dran - damals, zu Beginn der 60er, als so gut wie alles begann, was
den Rest des Jahrhunderts, ausgehend von Great Britain, musikalisch nicht
unwesentlich prägen und bereichern sollte. Die Beatles waren schon auf Tour(en),
die Stones erst im Anrollen. Noch musste man sich einen einzigen Wintermantel
teilen; nebenbei war man auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen
musikalischen Nenner. Bill: "It was only Chuck Berry that hold me in with the
band for the first weeks."
Er hätte damals, sagte er kürzlich im Interview, seine rechte Hand hergegeben, um jenes vermutlich einzige Originalgenie des Rock 'n' Roll kennen zu lernen. Und heute . . . winkt er auf die Frage der "Wiener Zeitung" nach einem eventuellen gemeinsamen Auftritt drastisch ab: "I couldn't play with Chuck Berry, because he's such a horrible man . . . He is not a nice man and I could never go on a stage with him." Schade. Im Herbst hätte man gemeinsam feiern können: Bill seinen 65er und Chuck den ganz und gar runden Siebziger.
Einerseits lag die Frage ja wirklich ganz nahe; noch näher aber liegt die nonverbale, die rein musikalische Antwort des Ex-Bassisten der Rolling Stones. Nicht dass er bei den luxuriös besetzten Rhythm Kings etwas grundsätzlich anderes täte als einst bei den Stones - Zitat aus 1974: "I just lay back and fatten the sound." Aber Musik abseits der großen Kommerzmaschinerie und also ganz nach eigener Geschmacksrichtung machen zu können, dürfte doch die Erfüllung einer seiner größeren Träume sein. Er war ja nie untätig, der Mann aus armem Elternhaus, der mit dem Rock-'n'-Roll-Leben nie besonders viel anzufangen wusste. "I'm a family man, I suppose", stellte er 1966 fest.
Und auf die immer wiederkehrende Frage, ob er die Stones verlassen werde. "I only got, into rock and roll for a bit of fun and to see the world for a couple of years. I refuse to let it dominate my life . . . I don't want to be a middle-aged rock and roller . . . I think the life is very destructive. Some can handle our lifestyle, others can't."
Heute ist er mehr Familienmensch als je zuvor, hat mit Suzanne Accosta, seiner Gattin seit 1983, drei Töchter und hält sich durch allerlei Tätigkeiten jung. Wir erinnern uns an die wohltätigen Aktivitäten der All-Star-Band Willie and The Poor Boys. Wir wissen um seine Eigentümerschaft des Londoner Restaurants Sticky Fingers und jene der Ripple Group of Companies. Er hat zwei Bücher veröffentlicht. Das eine, "Stone Alone", behandelt detailliert und von innen heraus geschrieben die Geschichte der Rolling Stones (sehr empfehlenswert).
Das zweite entstand aus seiner langjährigen Bekanntschaft mit Marc Chagall und trägt den Titel "Wyman Shoots Chagall". Am Drücker: Hobbyfotograf Bill W. Ein gerade im Entstehen begriffenes drittes soll "Bill Wyman's Blues Odyssey" heißen und die Story des Blues aus seiner ganz persönlichen Sicht und Hörerfahrung zum Inhalt haben. Doch das Schreiben und Fotografieren sowie eine Auszeichnung für den besten Hamburger (im Sticky Fingers 1999) entgegen zu nehmen kann selbst für den eigefleischtesten Familienmenschen und Geschäftsmann die Musik nicht ersetzen.
Also formierte er zusammen mit seinem musikalischen Co-Autor Terry Taylor 1996 die Rhythm Kings. Auf dem Programm: Jene Mixtur aus Jazz, Blues und all ihren klingenden Babys, die Wyman einst dazu bewogen haben, zur Bassgitarre zu greifen. Geplant, getan und beim Mix aus erstbesten Musikern konnte nicht mehr allzu viel daneben gehen. Georgie Fame, Albert Lee und Gary Brooker haben ihre Meriten; dazu der Jazzgitarrist Martin Taylor und die Sängerin Beverly Skeete. Fertig war jene Band, die mittlerweile zur großen Freude der Konzertbesucher immer wieder auf Tour geht. Stolz erzählt Bill von den begeisterten Publikumsreaktionen aus aller Welt.
Kein Wunder, denkt man, wenn man sich die neue Doppel-CD der Band zu Gemüte führt. Die Spielfreude der fast nur für ein Butterbrot aufgeigenden Herren plus Dame ist genau so groß wie die musikalische Palette breit.
Es ist ein erfrischendes Grasen im Stilblüten-Garten, was einem da zu Ohren kommt; ein Auffrischen alt(ehrwürdig)er Hadern in Kombination mit neuen Songs im zeitlos-alten Stil & G'wand.
Es ist absolut nichts Neues an & in diesen Stück'ln - doch das Alte wird stilsicher & einladend serviert. Bei dieser g'sunden Mischung wird alles ziemlich gleichmäßig und abwechselnd bedient: Herz, Hirn, Tanzbein & Bauch.
Anspieltipps: "Hit That Jive Jack" - swings like hell bzw. auch hochgradige Perfektion kann ihres Reiz haben!
"Love's Down The Drain" - great rockin and timeless stuff - hohes Maß an Erotik garantiert. Bill sings!
"Trust In Me" - purer Soul, Soul in Reinkultur, âme pur. Bestärkt einen, dass fast alles im (Über-)Leben nur eine Vertrauensfrage ist.
"Bye Bye Blues" - oder anders formuliert: Hot Club de Grand-Bretagne feat. The Ladies Choir just around the corner of 52nd street. Swings like purgatory!
Apropos heiße Konzertatmosphäre: Die Rhythm Kings kommen . . .
nein, nicht in die musikalische Welthauptstadt Wien . . . doch zumindest am 20. Mai ins Orpheum nach Graz . . . und voraussichtlich im Juli zum Jazzfest nach Wiesen.
Er hätte damals, sagte er kürzlich im Interview, seine rechte Hand hergegeben, um jenes vermutlich einzige Originalgenie des Rock 'n' Roll kennen zu lernen. Und heute . . . winkt er auf die Frage der "Wiener Zeitung" nach einem eventuellen gemeinsamen Auftritt drastisch ab: "I couldn't play with Chuck Berry, because he's such a horrible man . . . He is not a nice man and I could never go on a stage with him." Schade. Im Herbst hätte man gemeinsam feiern können: Bill seinen 65er und Chuck den ganz und gar runden Siebziger.
Einerseits lag die Frage ja wirklich ganz nahe; noch näher aber liegt die nonverbale, die rein musikalische Antwort des Ex-Bassisten der Rolling Stones. Nicht dass er bei den luxuriös besetzten Rhythm Kings etwas grundsätzlich anderes täte als einst bei den Stones - Zitat aus 1974: "I just lay back and fatten the sound." Aber Musik abseits der großen Kommerzmaschinerie und also ganz nach eigener Geschmacksrichtung machen zu können, dürfte doch die Erfüllung einer seiner größeren Träume sein. Er war ja nie untätig, der Mann aus armem Elternhaus, der mit dem Rock-'n'-Roll-Leben nie besonders viel anzufangen wusste. "I'm a family man, I suppose", stellte er 1966 fest.
Und auf die immer wiederkehrende Frage, ob er die Stones verlassen werde. "I only got, into rock and roll for a bit of fun and to see the world for a couple of years. I refuse to let it dominate my life . . . I don't want to be a middle-aged rock and roller . . . I think the life is very destructive. Some can handle our lifestyle, others can't."
Heute ist er mehr Familienmensch als je zuvor, hat mit Suzanne Accosta, seiner Gattin seit 1983, drei Töchter und hält sich durch allerlei Tätigkeiten jung. Wir erinnern uns an die wohltätigen Aktivitäten der All-Star-Band Willie and The Poor Boys. Wir wissen um seine Eigentümerschaft des Londoner Restaurants Sticky Fingers und jene der Ripple Group of Companies. Er hat zwei Bücher veröffentlicht. Das eine, "Stone Alone", behandelt detailliert und von innen heraus geschrieben die Geschichte der Rolling Stones (sehr empfehlenswert).
Das zweite entstand aus seiner langjährigen Bekanntschaft mit Marc Chagall und trägt den Titel "Wyman Shoots Chagall". Am Drücker: Hobbyfotograf Bill W. Ein gerade im Entstehen begriffenes drittes soll "Bill Wyman's Blues Odyssey" heißen und die Story des Blues aus seiner ganz persönlichen Sicht und Hörerfahrung zum Inhalt haben. Doch das Schreiben und Fotografieren sowie eine Auszeichnung für den besten Hamburger (im Sticky Fingers 1999) entgegen zu nehmen kann selbst für den eigefleischtesten Familienmenschen und Geschäftsmann die Musik nicht ersetzen.
Also formierte er zusammen mit seinem musikalischen Co-Autor Terry Taylor 1996 die Rhythm Kings. Auf dem Programm: Jene Mixtur aus Jazz, Blues und all ihren klingenden Babys, die Wyman einst dazu bewogen haben, zur Bassgitarre zu greifen. Geplant, getan und beim Mix aus erstbesten Musikern konnte nicht mehr allzu viel daneben gehen. Georgie Fame, Albert Lee und Gary Brooker haben ihre Meriten; dazu der Jazzgitarrist Martin Taylor und die Sängerin Beverly Skeete. Fertig war jene Band, die mittlerweile zur großen Freude der Konzertbesucher immer wieder auf Tour geht. Stolz erzählt Bill von den begeisterten Publikumsreaktionen aus aller Welt.
Kein Wunder, denkt man, wenn man sich die neue Doppel-CD der Band zu Gemüte führt. Die Spielfreude der fast nur für ein Butterbrot aufgeigenden Herren plus Dame ist genau so groß wie die musikalische Palette breit.
Es ist ein erfrischendes Grasen im Stilblüten-Garten, was einem da zu Ohren kommt; ein Auffrischen alt(ehrwürdig)er Hadern in Kombination mit neuen Songs im zeitlos-alten Stil & G'wand.
Es ist absolut nichts Neues an & in diesen Stück'ln - doch das Alte wird stilsicher & einladend serviert. Bei dieser g'sunden Mischung wird alles ziemlich gleichmäßig und abwechselnd bedient: Herz, Hirn, Tanzbein & Bauch.
Anspieltipps: "Hit That Jive Jack" - swings like hell bzw. auch hochgradige Perfektion kann ihres Reiz haben!
"Love's Down The Drain" - great rockin and timeless stuff - hohes Maß an Erotik garantiert. Bill sings!
"Trust In Me" - purer Soul, Soul in Reinkultur, âme pur. Bestärkt einen, dass fast alles im (Über-)Leben nur eine Vertrauensfrage ist.
"Bye Bye Blues" - oder anders formuliert: Hot Club de Grand-Bretagne feat. The Ladies Choir just around the corner of 52nd street. Swings like purgatory!
Apropos heiße Konzertatmosphäre: Die Rhythm Kings kommen . . .
nein, nicht in die musikalische Welthauptstadt Wien . . . doch zumindest am 20. Mai ins Orpheum nach Graz . . . und voraussichtlich im Juli zum Jazzfest nach Wiesen.
Freitag, 11. Mai 2001